Luca-AppBund übernimmt Millionenkosten der Länder nicht

Die Bundesländer bleiben auf den Ausgaben für die Luca-App sitzen. Ursprünglich wollte der Bund die Kosten übernehmen. Die Kontaktverfolgungs-App steht unter anderem in der Kritik, weil sie in einigen Bundesländern kaum bis gar nicht mehr genutzt wird.

Auch weil die Corona-Warn-App als Alternative Funktionen von Luca kann, steht die Weiternutzung der App auf der Kippe. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Lobeca

Der Bund übernimmt die Kosten für die Lizenzverträge mit der Luca-App nicht. Das schreibt der Journalist Tilo Jung auf Twitter mit Verweis auf die Bundespressekonferenz.

Ursprünglich hatte der Bund angekündigt, die Kosten für eine digitale Kontaktnachverfolgungslösung zu übernehmen, wenn sich die Länder auf eine einheitliche Lösung einigen. 13 Bundesländer hatten daraufhin für insgesamt 21 Millionen Euro Lizenzvereinbarungen mit Luca getroffen, um die App für ein Jahr zur digitalen Kontaktnachverfolgung einsetzen zu dürfen.

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Zusage aus dem Ministerium ließ auf sich warten

Die Zusage aus dem Gesundheitsministerium kam allerdings nie. Auf Anfrage wollte bislang niemand die Übernahme der Kosten bestätigen. Wiederholt hieß es, die Sache werde noch geprüft.

Nachdem ein Gericht in Mecklenburg-Vorpommern zudem im November entschied, die Vergabe an Luca sei nicht rechtmäßig und daher unwirksam, stand in Frage, ob die verbleibenden 12 Bundesländer, die Luca kauften, noch als „einheitliche Lösung“ gewertet werden können.

Auf eine Anfrage von Ende November antwortete ein Sprecher des Ministeriums: „Für eine potenzielle Kostenbeteiligung des Bundes kann grundsätzlich das sogenannte Einer-für-Alle-Prinzip (EfA-Prinzip) zur Anwendung kommen. Dieses besagt, dass eine zentrale Finanzierung von IT-Systemen erfolgen kann, sofern sich eine Mehrheit der Bundesländer (≥9 Länder) auf ein gemeinsames Vorgehen einigt.“

Einer-für-alle-Prinzip greift nicht

Diese grundsätzliche Einschätzung scheint nun nicht mehr zu gelten. Am Donnerstag sagte ein Sprecher des Ministeriums: „Nicht zuletzt auch aufgrund der heterogenen Beschaffungsvorgänge hat die Bundesregierung bislang keine Finanzierung vorgenommen.“

Für die Länder bedeutet dies, dass sie auf den Lizenzkosten für Luca sitzen bleiben werden. Voraussichtlich bis Ende Februar steht in den Bundesländern die Entscheidung an, ob sie die Lizenzvereinbarung mit Luca kündigen oder automatisch um ein weiteres Jahr verlängern. Wie viel das die Länder zusätzlich kosten würde, ist nicht bekannt.

Die Bundesländer wollen davor zusammen mit Gesundheitsämtern und anderen Gremien über den Nutzen der App beraten und sich dann entscheiden. Das geht aus den Antworten der neun Bundesländer hervor, die auf Anfragen von netzpolitik.org geantwortet haben. Über die genauen Kündigungsfristen und das Vertragsmodell wollten die Ministerien der Bundesländer keine Auskunft geben. Auch die Betreiber der Luca-App wollten sich zu Details nicht äußern. Antworten aus einigen Bundesländern weisen aber darauf hin, dass es sich bei der Verträgen um ein zweijähriges Abo-Modell handelt, das aktiv nach einem Jahr von den Bundesländern gekündigt werden kann.

Luca-App in der Kritik

Die Luca-App steht schon seit Längerem in der Kritik. In der Anfangsphase gab es zahlreiche Sicherheitslücken. Heute zeigt sich, dass viele Bundesländer die Daten aus der App kaum bis gar nicht mehr abfragen, wie Recherchen von netzpolitik.org ergeben haben. Der Nutzen der App für die Bekämpfung der Pandemie ist damit fraglich.

Wie eine weitere Recherche zeigt, lassen zudem Verträge und Aussagen der Luca-Betreiber darauf schließen, dass auch andere Geschäftsmodelle mit dem laut Unternehmensaussagen 40 Millionen Installationen umfassenden Nutzerstamm möglich wären. Die Betreiber schlossen andere Geschäftsmodelle wie eine Gastro- und Event-App auf Nachfrage nicht aus.

Am letzten Wochenende war Luca erneut in die Kritik geraten, weil die Polizei in Mainz mit Wissen des Gesundheitsamtes und ohne Rechtsgrundlage Luca-Daten von Kneipenbesuchern für ihre Ermittlungsarbeit genutzt hatte. Der Fall bestätigt die grundlegende Kritik von Sicherheitsexpert:innen an Luca, dass eine zentrale und personalisierte Datenhaltung solche Vorfälle begünstige.

Ergänzung 17.25 Uhr:

Der schleswig-holsteinische Landkreistag sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, man werde die Lizenz für die Luca-App nicht verlängern. Grund dafür sei die geänderte Corona-Verordnung des Landes, die keine personalisierte Kontaktverfolgung mehr vorschreibe. Somit kann bei Veranstaltungen und in der Gastronomie auch die Corona-Warn-App zur Pandemiebekämpfung zum Einsatz kommen. Die Entscheidung war schon im Herbst 2021 gefallen, wurde aber erst jetzt bekannt.

Update 13.01.: In der Passage zur möglichen Kostenübernahme des Bundes haben wir ergänzt, dass die Bundesregierung die Kosten für Luca „aufgrund der heterogenen Beschaffungsvorgänge“ nicht übernommen hat.

4 Ergänzungen

  1. A) Es wäre gerecht gewesen, weil der Bund verschlafen hat, Gesetzesänderungen einzuleiten, die z.B. die CWA stattdessen ermöglichen.
    B) Es wäre ein verblödeter Witz gewesen, weil 1. der Bund von damals bereits abgewählt ist und 2. die Parteien im Land mit Fürsten und Hof mit deren Gerudere den Schaden verursacht haben, und das auch auf die Wahlrechnung gehört.

    Naja, Moral und so, bzw. Grundlagen der Demokratie usw. usf…

    1. Naja,
      A) Die IfSG sind Ländersache, da kann der Bund nur Ideen beisteuern
      B) Neue Regierung heißt nicht, dass alle Zusagen von damals™ aufgekündigt sind.

      Aber schauen wir nach vorne: Es gibt eine bessere Lösung die in der Hälfte der Länder verwendet werden kann und freuen wir uns, dass Luca bald verschwindet.

      1. „Naja, Moral und so“
        Es ging um moralische Schuld.
        Bei B) ist also durch die Abwahl zwar nicht mehr nichts zu tun, aber ein Teil schon erreicht, während die Hauptschuld für Luca bei den Ländern zu suchen ist, die moralisch-demokratisch so gesehen auch die Wahlrechnung für die Luca-App übernehmen sollten.

        Das ist eigentlich die Idee gewesen. Zahlt der Bund, haben wir eine ganz furchtbare Situation. Grundlage der Demokratie scheint fast nicht dazuzupassen, tut sie aber doch ganz gehörig, denn genau diese Vorgänge zu ermöglichen ist eigentlich der Sinn der Demokratie. Kann man niemandem mehr was anlasten („moralischer Rechtsstaat“), ist auch Demokratie Grundfrei.

        Naja, +- … hauptsache Luca kommt jetzt mal weg, und die offiziellen Apps bekommen mehr Aufmerksamkeit und Schliff, UND die Gesetze werden bitte mal mit Verstand so angepasst, dass der Zweck von dem ganzen Mist geheiligt wird, also die Pandie, nicht schon wieder irgendein Paragraph aus einer vorbiblischen Zeit, in der man sich Pandemien zwar schon hat vorstellen können, aber bis zu dieser noch nicht richtig in der Anwendung durchgenommen hatte.

  2. Die Luca App war von Anfang bis heute ein technisches sowie Datenschützerisches Desaster. Sie hatte nur das Glück, dass Smudo als Pate zu Verfügung stand und sich sowas, mit einer zugegeben guten Kampagne, besser verkauft als eine schwächelnde App eines renommierten Forschungsinstitut. Leider zählt in Deutschland aber Lobby mehr als Wissenschaft.
    Ich bin froh, dass ich sie endlich deinstallieren darf, weil ich noch nie ein Fan dieser App war und die Luca Codes mittlerweile auch mit der CWA funktionieren. Hoffentlich ziehen alle Bundesländer den Stecker.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.